3. Nassauer Dialog zum Thema
Digitalisierung und Arbeit 4.0
14.-16. September 2018 in Nassau/Lahn
Copyright: Stein-Gesellschaft/Wölpert
Der "Nassauer Dialog" ist das Förderprogramm der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V. – unterstützt durch die G. u. I. Leifheit-Stiftung –, das sich mit Beginn im Jahr 2015 nun regelmäßig an junge Nachwuchs-Führungskräfte richtet.
28 ausgewählte Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich gemeinsam mit renommierten Referenten dem Thema Digitalisierung und Arbeit 4.0 gewidmet. Verantwortungsbewussten und politisch-gesellschaftlich interessierten Young Professionals wurde so wieder einmal Gelegenheit gegeben, sich für die Arbeit an aktuellen politischen Fragen zu begeistern. Zudem wurden sie in ihrem Engagement gefördert.
Programm des 3. Nassauer Dialoges 2018
„Megathema“ oder „Megatrend“ - im Zusammenhang mit der Digitalisierung sind Superlative allgegenwärtig. Vollmundig wird die Steigerung von Standort- und Lebensqualität - nicht zuletzt in den ländlichen Räumen - versprochen, Prozesse sollen effektiver und effizienter, die Verwaltung modernisiert werden. Insofern überrascht es nicht, dass Regierungen eigene „Digitalisierungsministerien“ oder Verwaltungen ganze Abteilungen schaffen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, um die vielfältigen Chancen der neuen Technologien zu nutzen. Die Erwartungshaltung in den Betrieben, bei Kunden, Beschäftigten und Bürgern ist riesig, gleichwohl ist eine vollständige Vernetzung in vielen Bereichen weniger Fakt als Fiktion.
Der 3. Nassauer Dialog setzte sich daher mit der Frage auseinander, wie uns der Weg in eine digitale Gesellschaft gelingen kann und welche Voraussetzungen hierfür geschaffen werden müssen. Wie kann es gelingen, die scheinbar unbegrenzten Potentiale dieser Patentlösung im Alltag zur Entfaltung zu bringen?
Dieses Thema wurde unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden: Was bedeutet Digitalisierung für die (Kommunal-)Verwaltung? Welche Chancen bietet die Digitalisierung für die Entwicklung der ländlichen Räume. Eine Facette, die in der bisherigen - von Euphorie und Aufbruchsstimmung getragenen - Diskussion wenig beleuchtet wurde, ist darüber hinaus die Frage nach den Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Arbeitswelt.
Digitalisierung und neue Technologien gehen auch immer einher mit Menschen, die diese Technologien programmieren, einrichten und bedienen müssen. Es werden veränderte Kompetenzen benötigt. Kommunikation ändert sich. Die E-Mail und der Workflow ersetzen zunehmend das Telefonat oder das persönliche Gespräch. Digitale Prozesse bedeuten häufig auch veränderte Prozesse, den Wegfall von einfachen, gleichförmigen Tätigkeiten. Produziert die Digitalisierung also nicht nur Gewinner?
Der 3. Nassauer Dialog verstand sich daher auch in diesem Jahr wieder mit seinem bewährten Format als Plattform, um sich diesen und weiteren Fragen rund um das Thema „Digitalisierung“ und „Digitale Arbeitswelt“ kritisch zu nähern und Anreize zu einer reflektierten Diskussion zu bieten.
Begleitet wurde die Diskussion von namhaften Referenten, die mit ihren Impulsen die Grundlage boten, dass sich die Teilnehmenden mit ihren Erfahrungen, Beobachtungen und Analysen einbringen konnten.
Copyright: Stein-Gesellschaft/Wölpert
Aus dem facettenreichen Dialog der hochqualifizierten Teilnehmenden aus verschiedenen Fachrichtungen und Arbeitszusammenhängen über das Thema Digitalisierung und Arbeit 4.0 konnten folgende
Ergebnisse und Denkanstöße zusammengefasst werden:
1. Infrastruktur
Voraussetzung einer umfassenden Digitalisierung sind leistungsfähige Infrastrukturen, und zwar sowohl im Festnetz- als auch im Mobilfunkbereich. Wo solche Infrastrukturen nicht marktgetrieben bereitgestellt werden, müssen sie als Bestandteil der Daseinsvorsorge öffentlich finanziert werden; dafür sind in ausreichendem Umfang Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
2. IT- und Datensicherheit
Eine weitere, für die Akzeptanz der Digitalisierung unverzichtbare infrastrukturelle Voraussetzung ist die auf allen staatlichen Ebenen herzustellende IT-Sicherheit mit ihren Anforderungen an Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit von Daten. Angesichts begrenzter Ressourcen – nicht zuletzt in personeller Hinsicht – kann nicht ausgeschlossen werden, dass es gerade aufgrund zunehmender IT-Sicherheitsanforderungen zu einer Zentralisierung von IT-Infrastruktur kommt, die auch die Architektur der Fachverfahren erfassen wird.
IT-Sicherheit erschöpft sich nicht in der Bereitstellung sicherer Infrastrukturen. Notwendig ist vielmehr auch eine Sensibilisierung aller Beteiligten für einen verantwortlichen Umgang mit Daten.
Wir brauchen eine Neudefinition des Datenbegriffs, der sowohl personenbezogene als auch raumbezogene Daten umfasst, und eine auf diesen neuen, einheitlichen Datenbegriff bezogene Schutzkonzeption.
3. Diskurs über Digitalisierung
Notwendig ist ein breiter, von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft getragener Diskurs über Möglichkeiten, Chancen und Grenzen von Digitalisierung, der auch Aspekte wie den demografischen Wandel, technischen Fortschritt, die Globalisierung, den Wandel gesellschaftlicher Werte sowie die wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigt und in demokratisch legitimierte, staatliche Entscheidungen mit Vorbildcharakter einfließt.
4. Digitalisierungsleitbild
Die Kommunen sind herausgefordert, sich eine auf ihre jeweiligen Bedürfnisse und Aufgaben zugeschnittene Digitalisierungsstrategie zu geben. Grundlage dieser muss eine klare politische Leitentscheidung sein. Entsprechendes gilt für die Länder und den Bund.
5. Digitalisierung im Föderalismus
Die Digitalisierung erlaubt eine weitgehende Zentralisierung. Sie birgt deshalb die Gefahr, dass es zu einer Auflösung bewährter föderaler Strukturen kommt. Alle Digitalisierungsbemühungen müssen daher insbesondere den durch das Selbstverwaltungsrecht auch verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Kommunen berücksichtigen.
Erforderlich ist eine föderale IT-Governance, in deren Rahmen bei Wahrung einer möglichst weitgehenden Selbständigkeit aller staatlichen Ebenen Standards und Schnittstellen erarbeitet werden, die interoperable IT-Lösungen ermöglichen. Zugleich ist vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Digitalisierung mit Blick auf neue sowie auf bereits gesetzliche ausgeformte Aufgaben zu fragen, wer – Bund, Länder oder Kommunen – künftig für deren Vollzug zuständig sein soll.
Auch digitalisierte Verwaltungsleistungen müssen jedermann zugänglich sein. Fehlen insoweit die technischen oder persönlichen Voraussetzungen, sind Hilfestellungen erforderlich.
Die weitere Digitalisierung der Verwaltung ist ein anspruchsvoller Prozess; zur Umsetzung der beschriebenen Ziele muss eine angemessene originäre Finanzausstattung aller staatlichen Ebenen gewährleistet sein.
6. Digitale Daseinsvorsorge
Die Digitalisierung bietet die Chance, die äußerst praxisrelevanten Handlungsfelder wie Bildung, Wohnen, Gesundheit oder Mobilität zukunftsgerecht fortzuentwickeln und damit die gesellschaftliche Teilhabe – insbesondere im ländlichen Raum – zu befördern.
7. Folgen der Digitalisierung für den Arbeitsmarkt
Die Digitalisierung schafft neue Beschäftigungs- und Berufsfelder. Zugleich werden viele Tätigkeiten durch digitale Prozesse substituiert, ohne dass heute schon zuverlässig abschätzbar wäre, welche Berufe davon im Einzelnen und zu welchem Zeitpunkt betroffen sein werden. Der Staat, die Wirtschaft, aber auch jeder Einzelne steht daher in der Verantwortung, frühzeitig auf solche Entwicklungen vorbereitet zu sein. Notwendig sind in jedem Fall ein proaktives Change Management und berufliche Fortbildung im Sinne eines lebenslangen Lernens. Dafür müssen in Betrieben und Verwaltungen die Voraussetzungen geschaffen werden.
Die Digitalisierung verändert auch die Arbeitswelt. Arbeit lässt sich in Zeit und Raum flexibler organisieren. Es ist dazu zu prüfen, ob der geltende arbeits(schutz)rechtliche Rahmen diesen Veränderungen noch ausreichend gerecht wird oder ob es neue Mechanismen braucht, die den Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in einem digitalisierten Umfeld besser entsprechen.
Programm zum 3. Nassauer Dialog
Freitag, 14. September 2018
18.00 Uhr | Empfang in Schloss Nassau
Sebastian Graf von Kanitz | Hausherr und Präsidiumsmitglied der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V.
Dr. Dietrich H. Hoppenstedt | Präsident der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V.
19.00 Uhr | Öffentlicher Abendvortrag in der Stadthalle Nassau
Begrüßung
Armin Wenzel | Bürgermeister der Stadt Nassau
Dr. Josef Peter Mertes | stellvertretender Vorsitzender der G. u. I. Leifheit-Stiftung
Dr. Dietrich H. Hoppenstedt | Präsident der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e.V.
19.15 Uhr | Öffentlicher Abendvortrag mit anschließender
offener Diskussion
Foto: Rainer Bomba privat
Digitalisierung in unserer Gesellschaft –
Herausforderungen und Chancen für eine bessere Zukunft
Rainer Bomba | Staatssekretär a.D. im Bundesverkehrsministerium
Diplom-Ingenieur und Diplom-Kaufmann
20.30 Uhr | Ausklang mit Imbiss
Samstag, 15. September 2018
Gesamt-Moderation:
Bernd Benthin | ZDF Hauptstadtstudio Berlin, Redakteur und Reporter
Mitglied des Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft-Alumni-Netzwerkes
Copyright: Stein-Gesellschaft/Wölpert
9.00 Uhr | Begrüßung durch den Moderator
9.10 Uhr | Dialog- und Feedback-Runde zum Vorabend-Vortrag
10.30 Uhr | Kaffee- und Kommunikationspause
10.45 Uhr | Erster Impuls
Digitalisierung und eGoverment
in der öffentlichen Verwaltung
PD Dr. Ariane Berger, Referentin für eGovernment und Verwaltungsorganisation
Deutscher Landkreistag, Berlin
Copyright: Stein-Gesellschaft/Wölpert
11.10 Uhr | Diskussion
12.30 Uhr | Mittagessen
13.30 Uhr | Zweiter Impuls
Innovation und Digitalisierung im ländlichen Raum
Dipl. Wirtsch.-Ing. Steffen Hess, Programmleiter Smart Rural Areas
IESE Fraunhofer Institut, Kaiserslautern
13.55 Uhr | Diskussion
15,15 Uhr | Kaffee- und Kommunikationspause
15.30 Uhr | Dritter Impuls
Die Zukunft der Arbeit – Bildung und Beruf in der digitalen Transformation
Dr. Britta Matthes, Leiterin der Forschungsgruppe Berufliche Arbeitsmärkte
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg
15.55 Uhr | Diskussion
20.00 Uhr | Jazz-Konzert in der Stadthalle Nassau: Frankfurter Jazz Trio feat. Tony Lakatos und Ralf Hesse
Sonntag, 16. September 2018
10.00 Uhr | Workshops für die Teilnehmenden zu drei Themenfeldern
11.30 Uhr | Rückkopplung im Plenum und Diskussion der Ergebnisse
12.30 Uhr | Blitzlicht: Rückblick zum 3. Nassauer Dialog und Ausblick
13.00 Uhr | Abschluss in Schloss Nassau mit Besichtigung des Steinschen Turms
Sebastian Graf von Kanitz | Erläuertung der historischen Zusammenhänge
14.30 Uhr | Ende der Veranstaltung in Nassau
Die Veranstaltung wurde mit freundlicher Unterstützung der G. u. I.-Leifheit-Stiftung und der Stadt Nassau durchgeführt.
Die ausführliche Gesamt-Dokumentation ist nun online als pdf abrufbar!
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