Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein, Landtagsmarschall, 1.-3. Landtag, 1826-1830
Der Namenspatron
Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein (1757-1831) gilt auch heute noch als einer der bedeutendsten Staatsreformer in der deutschen Geschichte. Seine Leistungen als Minister in preußischen Diensten haben ganz wesentlich zur Integration der säkularisierten westfälischen Bistümer in den preußischen Staat, zur Überwindung der Niederlage gegen Napoleon im Jahr 1806 und zur Mobilisierung von "Untertanen" und "Bürgern" im Sinne des Gesamtstaates beigetragen.
"Minister vom Stein" im Jahre 1821, Rom. Zeichnung von Julius Schnorr von Carolsfeld (Hamburger Kunsthalle). Foto: Elke Walford, Hamburg
Mit der Befreiung der Bauern aus der Erbuntertänigkeit und der Erneuerung der städtischen Selbstverwaltung hat Stein dem Gedanken der eigenverantwortlichen Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben Nachdruck verliehen. Darüber hinaus hat er sich gegen das absolutistische System der Kabinettsregierung gewandt und damit die Entwicklung zu einer öffentlich kontrollierten und öffentlich verantwortlichen Regierung eingeleitet. Schließlich hat sich Stein durch die Gründung der Monumenta Germaniae Historica bleibende Verdienste erwiesen. Diese Sammlung mittelalterlicher Quellen zur deutschen Geschichte, die der Nationalgeschichte im 19. Jahrhundert mächtigen Auftrieb gegeben hat, ist für die Geschichtswissenschaft bis heute unverzichtbar.
Stein, am 25. Oktober 1757 in Nassau geboren, entstammte einem evangelischen Reichsrittergeschlecht. Nach Abschluss seiner Studien an der Universität Göttingen trat er 1780 in den preußischen Staatsdienst ein. Mit 24 Jahren bereits Oberbergrat, zwei Jahre später Direktor der Bergämter zu Wetter an der Ruhr und Ibbenbüren und der Bergwerkskommission von Minden-Ravensberg, leistete er wertvolle Entwicklungsarbeit für das Berg- und Hüttenwesen. Nachdem Stein als Direktor der Kriegs- und Domänenkammern in Hamm und Kleve 1787 in die allgemeine Staatsverwaltung übernommen worden war, konnte er seinen Verantwortungsbereich weiter ausbauen, bis er 1796 zum Oberkammerpräsidenten und damit zum Verwaltungschef aller preußischen Gebiete in Westfalen und am Niederrhein ernannt wurde.
Jugendbildnis von Karl Freiherr vom Stein, um 1778.
Miniatur aus München von einem unbekannten Künstler.
Über die laufenden Geschäfte hinaus bemühte er sich um die Erhaltung und Erweiterung der ständischen Selbstverwaltung, um eine wirksamere Staatsverwaltung durch größere Selbständigkeit der Mittelinstanzen und bessere Qualifikation der Beamten. Bereits in dieser Phase rief er dazu auf, den preußischen Staat durch Gebiets-, Verfassungs- und Verwaltungsreformen zu modernisieren und auf diese Weise die "nationale Unabhängigkeit" gegen Frankreich zu sichern.
1804 ernannte ihn König Friedrich Wilhelm III. zum Staatsminister. Steins Projekt, die regional zersplitterte Verwaltung in den preußischen Ländern durch eine zentrale, fachlich gegliederte, mit verantwortlichen Beamten besetzte oberste Behörde zusammenzufassen, scheiterte an der Hofkamarilla. 1807 fiel er in Ungnade und musste den Dienst quittieren. Sein König nannte ihn damals einen "widerspenstigen, trotzigen, hartnäckigen und ungehorsamen Staatsdiener", da er besorgt um den Bestand der Monarchie, aber allzu ungestüm und ohne Rücksicht auf die Günstlinge des Königs, die Ablösung des Kabinettsystems durch einen verantwortlichen Ministerrat gefordert hatte.
Nach Nassau zurückgekehrt, entwickelte Stein seine weiteren Vorstellungen in der "Nassauer Denkschrift" vom Juni 1807, seinem bekanntesten politischen Dokument. Unter der nüchternen Überschrift "Über die zweckmäßige Bildung der Obersten und der Provinzial-Finanz- und Polizei-Behörden in der Preußischen Monarchie" stellte Stein die Forderung auf, den "Einklang zwischen dem Geist der Nation, ihren Ansichten und Bedürfnissen und denen der Staats-Behörden" wieder herzustellen und die "gebildeten Klassen durch Überzeugung, Teilnahme und Mitwirkung bei den National-Angelegenheiten an den Staat zu knüpfen, den Kräften der Nation eine freie Tätigkeit und eine Richtung auf das Gemeinnützige zu geben".
Preussischer Staatsminister Karl Freiherr vom und zum Stein,
Gemälde von J. C. Rincklake, 1804.
Auch wenn die "Nassauer Denkschrift" häufig als Geburtsurkunde der kommunalen Selbstverwaltung apostrophiert wird, so zielte sie letztlich weniger auf gesellschaftliche Partizipation, als vielmehr auf die direkte Mitwirkung freier Eigentümer an der Exekutive und die Zurückdrängung schematischer bürokratischer Herrschaftsformen. Stein blieb damit "ein Mann des 18. Jahrhunderts" (Paul Nolte), dessen politische Programmatik insgesamt deutliche Ambivalenzen aufwies.
Mit seiner Überzeugung stand Stein allerdings nicht allein. Er war der Exponent einer starken Reformströmung, und es gelang seinen Freunden, seine erneute Berufung nach Berlin zu betreiben. Im Oktober 1807 übernahm er als leitender Minister die Staatsgeschäfte. In dieser kurzen Zeitspanne wurden die rechtlichen und verwaltungsmäßigen Grundlagen für jene Reformmaßnahmen geschaffen, die unter der Bezeichnung "Stein-Hardenbergsche Reformen" in die Geschichtsbücher eingegangen sind:
Bildnis Steins in dem Gemälde "Barbarossas Tod im Morgenland" von Julius Schnorr von Carolsfeld 1832.
Als sich Stein bald darauf an den militärischen Vorbereitungen Österreichs und Russlands gegen Frankreich beteiligte, wurde er von Napoleon durch ein formelles Dekret geächtet. Er ging zunächst für einige Jahre ins Exil nach Böhmen und Mähren. 1812 trat er in russische Dienste und stellte sich dem Zaren während der Befreiungskriege 1813/14 sowie bei den Pariser Friedensschlüssen und auf dem Wiener Kongress 1814/15 als Berater zur Verfügung.
Noch während des Wiener Kongresses zog er sich aus der aktiven Politik zurück. Doch auch als Gutsherr von Cappenberg (bei Lünen), einer säkulariserten Prämonstratenserpropstei und zwischenzeitlichen Staatsdomäne, die er 1816 als Hauptwohnsitz wählte, nahm Stein lebhaften Anteil an den öffentlichen Angelegenheiten. So verfolgte und kommentierte er aufmerksam und mit kritischen Stellungnahmen das weitere Schicksal der von ihm eingeleiteten Maßnahmen zur Bauernbefreiung und bürgerschaftlichen Selbstverwaltung. Mit siebzig Jahren wurde ihm noch einmal ein öffentliches Amt übertragen. Als "Marschall" leitete er die ersten drei westfälischen Provinziallandtage (1826, 1828 und 1830/31) und versuchte dabei der regionalen Selbstverwaltung neue Impulse zu geben. Am 29. Juni 1831 ist Stein an den Folgen einer Lungenerkrankung auf Schloss Cappenberg gestorben.
Weiterführende Informationen finden Sie unter www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/
Auszug aus dem Schwerpunktbereich "Freiherr vom Stein" im Internet-Portal "Westfälische Geschichte":
"Worin Steins Bedeutung im Einzelnen besteht, zeichnet [der Bereich] "Freiherr vom Stein" zu seinem Leben, Werk und Rezeption detailliert nach. Neben einer umfangreichen Biografie und Chronologie Steins mit zahlreichen Bildmaterialien finden Sie hier unter anderem eine rund 1.250 Titel umfassende Bibliografie, die Inhaltsverzeichnisse der Stein-Ausgaben, ein Verzeichnis von Stein-Denkmälern im In- und Ausland (im Aufbau) sowie ausgewählte und kommentierte Quellen und Literatur zu Stein. Ein Informationstext gibt zudem einen Überblick über Steins wichtigstes Werk, die Städteordnung, die auch im Original mit allen Gesetzestexten zum Angebot gehört. Darüber hinaus finden Sie hier zahlreiche weitere Original-Materialien wie z. B. die Protokolle der ersten drei Westfälischen Landtage (1826-1831) oder die mehrbändige Stein-Biografie von Georg Heinrich Pertz (1850-1855)." (Dr. Marcus Weidner)
Auf den schriftlichen Nachlass des Reichsfreiherrn vom Stein haben Sie online freien Zugriff unter
https://www.archive.nrw.de/archivsuche?link=FINDBUCH-20045100000240
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