(v.l.n.r.): Dr. Ulrich Schröder, Vorsitzender des Vorstandes der KfW-Bankengruppe, Dr. Michael Meister, MdB, Thorsten Alsleben, Moderator, Prof. Dr. Michael Eilfort, Vorstand Stiftung Marktwirtschaft, Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Dr. Dietrich H. Hoppenstedt, Präsident der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft, Foto: Deutscher Landkreistag
3. Hauptstadtgespräch: Gemeindefinanzreform
Die Kommunen garantieren umfangreiche Dienstleistungen und erbringen einen großen Teil der öffentlichen Investitionen. Daher sind sie auf eine angemessene und verlässliche Finanzausstattung dringend angewiesen. Mehr als jede zweite Kommune bezeichnet die eigene Finanzlage jedoch als schlecht bzw. sehr schlecht. Vor diesem Hintergrund veranstaltete die Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft am 13. April 2011 unter dem Motto „Gemeindefinanzreform – Mehr Eigenverantwortung oder Verteilungsgerechtigkeit?“ ihr 3. Hauptstadtgespräch.
Begrüßung durch den Hausherrn, Dr. Ulrich Schröder, Vorsitzender des Vorstandes der KfW-Bankengruppe, Foto: Stein-Gesellschaft/KfW
Dr. Dietrich H. Hoppenstedt, Präsident der Freiherr vom Stein-Gesellschaft, richtete in seiner Begrüßung der Diskussionsteilnehmer und Gäste im historischen Kassensaal der KfW-Bankengruppe in Berlin den Blick auf die grundsätzliche Herausforderung: „Durch eine Reform der Gemeindefinanzen müssen die Einnahmen verstetigt und dadurch mehr Planungssicherheit geschaffen werden.“ Es gehe jedoch nicht nur um die Stabilisierung der Einnahmeseite bei stetig wachsenden Soziallasten und Disparitäten zwischen den Kommunen, sondern auch um „die Stärkung der kommunalen Eigenverantwortung“.
Unter der Moderation von Thorsten Alsleben, ehemaliger Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio, diskutierten Dr. Michael Meister, MdB, Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Prof. Dr. Michael Eilfort, Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft, und Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages sowie Präsidiumsmitglied der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft, die aktuellen Vorschläge zur Lösung der kommunalen Finanzprobleme. Leitend waren die Fragen nach einer funktionsadäquaten Finanzausstattung der Kommunen, nach Stärkung der lokalen Ein-nahmeautonomie als Voraussetzung für mehr Kostentransparenz und Kostenbewusstsein bei den Bürgern und die Belebung der Kommunalpolitik sowie nach Entwicklung entsprechender Verteilungsparameter.
Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Thorsten Alsleben und Prof. Dr. Michael Eilfort (v.r.n.l.), Foto: Stein-Gesellschaft/KfW
Die Diskussionsteilnehmer sahen in der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und Steuerprognose keinen Grund zur Entwarnung. Die Verschuldung sei nach wie vor hoch und habe ihre Ursache in einem Ausgabe- und Einnahmeproblem. Für Henneke besteht „struktureller Änderungsbedarf“, um die Kommunalhaushalte dauerhaft zu konsolidieren. „Wie versetzen wir die Kommunen in die Lage, auch künftig Vorsorge für die Zukunft im Sinne von Investitionen, z.B. im Bildungs- und Infrastrukturbereich, treffen zu können?“, fragte Meister.
Moderator Alsleben stellte zunächst die Ausgabensituation als Ursache der Verschuldung auf den Prüfstand. Für die Zukunft wies Henneke auf die inzwischen getroffenen Finanzierungsregeln hin: Seit 2006 bedürfen Bundesgesetze mit wesentlichen Kostenfolgen der Zustimmung der Länder. Ein Konnexitätsprinzip zwischen Bund und Kommunen gibt es nicht, wohl aber zwischen Land und Kommunen. Nach der Zustimmung der Länder im Bundesrat müssen sie die notwendigen Mehrbelastungen tragen, die bei der Ausführung von Bundes-gesetzen durch die Kommunen entstehen. Entscheidend ist nun, dass der überwiegende Teil der Regelungen für die kostenträchtigen Sozialleistungen vor 2006 getroffen wurden. Gerade dieser „Altbestand“ entfalte eine massive Wachstums-dynamik, die – bis auf die zugesagten 4 Mrd. € für die Grundsicherung im Alter – nicht durch zusätzliches Bundesgeld ausgeglichen werde könne.
Dr. Michael Meister, Prof. Dr. Michael Eilfort und Thorsten Alsleben (v. l.n.r.), Foto: Stein-Gesellschaft/KfW
Das Podium war sich einig, wie unter diesen Voraussetzungen die lokale Handlungsfähigkeit verbessert werden könne: durch Verlagerung von mehr Verantwortung und Freiheitsgraden auf die kommunale Ebene bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben zur Steigerung der Effizienz und Zielgenauigkeit sowie durch Verstetigung der Einnahmen bei gleichzeitiger Stärkung der Eigenverantwortung der kommunalen Gebietskörperschaften für ihre Einnahmen. Hier wurde aber auch eine größere Bereitschaft der Kommunen zur Übernahme von Verantwortung gefordert.
Damit war die Frage nach der Einnahmeseite gestellt. Zur Diskussion standen die vorliegenden Modelle, um die Einnahmen stetiger zu machen, besser zu verteilen und die Gestaltungsfreiheit vor Ort zu wahren:
Das „Kommunalmodell“ will dies mit einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer durch Einbeziehung von Freiberuflern, die vollständige Erfassung der Veräußerungsgewinne und die Ausweitung der Hinzurechnungselemente erreichen.
Interessiertes Fachpublikum im historischen
Kassensaal der KfW-Bankengruppe in Berlin, Foto: Stein-Gesellschaft/KfW
Das „Prüfmodell“, mit dem sich insbesondere die Gemeindefinanzkommission auseinandersetzt, sieht demgegenüber die Abschaffung der Gewerbesteuer vor. Stattdessen sollen die Kommunen einen eigengestaltbaren Zuschlag zur Einkommens- und Körperschaftssteuer sowie einen erhöhten Anteil an der Umsatzsteuer erhalten. Beide Modelle hätten voraussichtlich Steuerausfälle bei Bund und Ländern zur Folge. Das Modell der Stiftung Marktwirtschaft, politisch derzeit wenig diskutiert, sieht die Einführung einer kommunalen Wirtschaftssteuer, die Einführung einer Bürgersteuer und die Beteiligung der Gemeinden am Lohnsteueraufkommen vor. Es beachte damit die Interessen sowohl der Betriebsstätten- wie der Wohnsitzgemeinde. Für Eilfort stellt das Modell nicht nur eine klare Strukturvereinfachung dar. Es böte Konstanz für die Gemeinden, es sei wachstumsorientiert und schaffe Anregungen zum Erhalt von Arbeitsplätzen, vor allem aber sei es durchgerechnet, so dass die Auswirkungen für die Kommunen nach Gewinnern und Verlierern vorher bekannt seien.
Alle Diskussionsteilnehmer forderten mehr Mut zu einem „großen Wurf“, sie waren sich aber auch einig, dass bis zur Einführung eines Modells mit ausgewogenem Einwohner-, Wirtschafts- und Aufgabenbezug noch Diskussions- und Abstimmungsbedarf bestehe. Daher solle sich die Gemeindefinanzkommission auch auf das Machbare konzentrieren, z.B. auf die Entwicklung der Gewerbesteuer zu einer nicht belastenden Ertragssteuer, die Erhöhung der Transparenz des kommunalen Einkommensteueranteils für den Bürger oder das von Henneke vorgeschlagene kommunale Zuschlagsrecht auf die Einkommensteuer. Dies seien Schritte in die richtige Richtung zur Wiederbelebung und Stärkung der kommunalen Demokratie und Gewinnung von Gestaltungsfreiheit vor Ort.
Beiträge aus dem Zuhörerkreis lenkten zum Schluss den Blick auf die vorhandenen Verwerfungen in den kommunalen Haushalten, z.B. durch steigende Soziallasten oder den kontinuierlichen Anstieg der Behindertenhilfe. Das Podium plädierte für eine strikte Trennung dieser Problematik von den Überlegungen zur Gemeindefinanzreform, die nur durch Strukturmaßnahmen der Länder oder grundsätzliche Veränderungen in der Steuerverteilung auf Bundesebene zu lösen seien. Henneke machte deutlich, dass eine Modifizierung der wirtschaftbezogenen und einwohnerbezogenen Steuern den Finanzausgleich nicht ersetzen könne und Zuweisungssysteme nach aufgabenbezogenen Kriterien auch in Zukunft unverzichtbar seien.
Prof. Dr. Bernd Walter,
Geschäftsführendes Präsidialmitglied,
Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft
Programm
19:00 Uhr I Empfang
19:30 Uhr I Begrüßung
Dr. Ulrich Schröder | Vorsitzender der KfW Bankengruppe
Dr. Dietrich H. Hoppenstedt | Präsident der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft
20:00 Uhr I Diskussion
Dr. Michael Meister | MdB, Stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion
Prof. Dr. Michael Eilfort | Vorstand Stiftung Marktwirtschaft
Prof. Dr. Hans-Günter Henneke | Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages
Moderation
Thorsten Alsleben | Repräsentant der Kienbaum-Unternehmensgruppe in Berlin, ehemaliger Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio
21:30 Uhr I Imbiss
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